Umfangreiche, qualitativ hochwertige und aktuelle Daten, sowie die daraus zu interpretierenden Informationen und analytischen Erkenntnisse, sind zentrale Grundlagen für zahlreiche digitale Geschäftsmodelle. Daten ermöglichen es, bestehende Prozesse in Wertschöpfungsketten von Unternehmen zu verbessern oder neue Anwendungsfälle (Use Cases) zu realisieren. Der strategische Nutzen von Daten kann dabei sehr gut durch die Definition von Use Cases ermittelt werden, die ohne Daten nicht realisierbar wären. Doch Unternehmen stehen angesichts des immateriellen Charakters von Daten häufig vor zwei Fragen, insbesondere wenn es um den betriebswirtschaftlich effizientesten Umgang mit Daten geht: Warum sollten wir den ökonomischen Wert unserer Daten bestimmen, und wie bestimmen wir ihn?
Dieser Blogbeitrag widmet sich vor allem der ersten Frage aus einer strategischen Perspektive für Unternehmen. Zunächst soll dafür der Begriff des „Datenwerts“ umkreist werden, um anschließend zu skizzieren, inwiefern die Bewertung von Daten ein betriebs- und volkswirtschaftlich zentraler Aspekt zukünftiger Datenökonomien sein wird. Abschließend sollen einige Vorteile und Rahmenbedingungen für Unternehmen formuliert werden, die Datenbewertungen durchführen (möchten).
Datenwert – was ist das überhaupt?
Im Kern beschreibt der Begriff „Datenwert“, inwiefern Daten, die ein Unternehmen erhebt, verarbeitet und nutzt, einen Bestand an immateriellen Werten für das Unternehmen darstellen, welche einen direkten, definierbaren Einfluss auf die Wertschöpfung ausüben und in der Rechnungslegung bilanzierbar werden. Das bedeutet, dass Daten im Rahmen einer Datenbewertung ein bestimmter Geldwert zugeordnet wird, der aus dem zunächst ungreifbar erscheinenden Medium „Daten“ einen greifbaren Faktor der unternehmerischen Wertschöpfung macht. In einer kürzlich veröffentlichten Fraunhofer-Studie zur Datenbewertung wird präzisiert, dass Daten somit unter bestimmten Voraussetzungen als bilanzierfähige immaterielle Vermögenswerte behandelt werden können – mit einigen Vorteilen für Unternehmen (Fraunhofer 2022: 6ff.).
Für die eigene Gesamt-, Digital- und Datenstrategie sowie für die Kommunikation mit Share- und externen Stakeholder:innen ist es daher wichtig, dass Unternehmen den Einfluss von Daten auf die Wertschöpfung genauer bestimmen, um Kosten und Nutzen datenbasierter Prozesse effizienter steuern zu können.
Die Schwierigkeit einer genauen Definition liegt darin begründet, dass sich der Wert von Daten je nach Kontext aus verschiedenen Dimensionen zusammensetzt. Damit im Zusammenhang steht auch, dass nicht eine, sondern mehrere sog. finanzielle und nicht-finanzielle Methoden der Datenbewertung existieren.
Datenbewertung als zentraler Aspekt von Datenökonomien
Um die gestiegene Relevanz von Informationstechnologien für die unternehmerische Wertschöpfung im Zeitalter der Digitalisierung zu unterstreichen, bietet es sich für Autor:innen von solchen, auf die Digitalwirtschaft bezogenen Beiträge häufig an, auf den rasanten Aufstieg der sog. Plattform- oder Internet-Unternehmen zu verweisen. Schließlich sind es heute Plattformen wie Google, Meta oder Netflix, die zu den wirtschaftlich erfolgreichsten Unternehmen weltweit gehören (z. B. Knörrer 2021: 7ff.) und dabei einen besonders großen Anteil an immateriellen Vermögenswerten besitzen.
Die Bedeutung solcher Vermögenswerte und damit auch dem potenziellen Wert, der Daten beigemessen wird, stieg in den letzten Jahrzehnten stark an. Zur Illustration: Der Anteil immaterieller Vermögenswerte an der Wertschöpfung von Unternehmen, die im bekannten Aktienindex S & P 500 erfasst sind, lag 1985 noch bei 32%, während er bis 2020 auf 90% stieg (Ocean Tomo 2020). Mit großer Sicherheit wird sich dieser allgemeine Trend fortsetzen, insbesondere mit Blick auf die Vorhaben der Europäischen Union, die Möglichkeiten zum Datenaustausch, zur Datenverarbeitung und zur Datennutzung für europäische Unternehmen zu verbessern. Unternehmen sollten daher Datenstrategien entwickeln, die den Aspekt der Datenbewertung als einen von mehreren beinhalten und eine direkte Verbindung zur Gesamtstrategie haben.
Deutsche Unternehmen sind bisher noch zögerlich, wenn es um die Bewertung eigener Daten geht. 2018 nahmen knapp 80% der deutschen Unternehmen aus verschiedensten Branchen keine Datenbewertung vor, von denen mit 73% die meisten dies auch nicht planten (Abb. 2). Dies kann an fehlenden Digital- und Datenstrategien sowie an mangelnden fachlichen Kenntnissen liegen, aber auch daran, dass das Thema nicht bekannt genug ist.
Daten werden also sowohl volks- als auch betriebswirtschaftlich immer wichtigere Assets, nicht zuletzt mit Blick auf Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz.
Vorteile für Unternehmen
Mit der Möglichkeit zur Bilanzierung von Daten wurde anfangs bereits einer der Vorteile von Datenbewertung angesprochen, wodurch die Darstellung eines Unternehmens in der Kommunikation mit Share- und Stakeholder:innen verbessert werden kann.
Zahlreiche weitere Vorteile von Datenbewertungen hängen mit den verschiedensten Aspekten beim Umgang mit Daten in Organisationen zusammen; so ist es im Rahmen eines sinnvollen Informationsmanagements für die allgemeine strategische Ausrichtung von Unternehmen wichtig, die Relevanz von Daten für den eigenen Geschäftszweck besser messen und abschätzen zu können. Etwa für den Auf- und Ausbau datenbasierter Geschäftsmodelle. Auf der stärker operativen Ebene kann ein solches Wissen über die Daten Kosten senken und den Nutzen steigern, insbesondere mit Blick auf die Anbindung externer Datenquellen für vertriebliche und prozessuale Zwecke, oder für das Risikomanagement und die Produktentwicklung.
Schließlich – und das ist besonders wichtig mit Blick auf digitale Ökosysteme – ist die Datenwertbestimmung wesentliche Voraussetzung für die kommerzielle Datenteilung bzw. den Verkauf von Daten (z. B. Institut für Innovation und Technik 2021). Durch die immer stärkere Vernetzung von Unternehmen, Organisationen und Endnutzern und die Entstehung von Marktplätzen für Daten rückt das Thema Datenaustausch zunehmend in den Mittelpunkt (digital-)strategischer Überlegungen. Wer den Wert „seiner“ Daten kennt (und das gilt auch für Endnutzer), kann sich gegenüber anderen Teilnehmer:innen von Wertschöpfungsketten besser positionieren und eigene Daten zusätzlich vermarkten – sofern die datenschutzrechtlichen Vorgaben eingehalten werden. Auch hier können Umsätze gesteigert und Kosten gesenkt werden. Nicht zuletzt durch die Realisierung datenbasierter Use Cases, die Wettbewerbsvorteile darstellen können. Die bereits erwähnte Fraunhofer-Studie betont hier zudem, dass es einen öffentlichen Nutzen geben kann, wenn Daten für bestimmte Kontexte besser zur Verfügung gestellt werden können (Fraunhofer 2022: 18).
Voraussetzungen und Rahmenbedingungen
In erster Linie ist eine unternehmensinterne Datenstrategie, wie bereits angedeutet, für die Bestimmung des Datenwerts notwendig. In dieser wird definiert, wie und mit welchem Ziel Daten gesammelt, integriert und analysiert werden; damit im Zusammenhang können Daten dann hinsichtlich ihrer vielfältigen Wert-Dimensionen betrachtet werden. Gerade bei personenbezogenen Daten bestehen die Voraussetzungen dafür darin, dass die jeweiligen Nutzungsrechte an den Daten bekannt sind und es Klarheit bei datenschutzrechtlichen Aspekten im Rahmen der DSGVO gibt. Beachtet werden sollten zudem die ebenfalls bereits angedeuteten regulatorischen Maßnahmen auf Bundes- und besonders auf EU-Ebene, die Datenaustausch und -nutzung etwa durch den Data Governance Act, den Data Act und auch durch den Artificial Intelligence Act regeln (werden).
Auf Grundlage dieser ersten Übersicht wollen wir in den nächsten Monaten etwas genauer auf die Methoden der Datenbewertung eingehen und erklären, wann und unter welchen Voraussetzungen welche Methode am besten angewendet werden sollte, um Daten, die noch kaum einen „Wert“ haben, zu einem relevanten Wertschöpfungsfaktor zu machen.
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Hier geht es zu Teil zwei der Datenwert-Reihe.
Quellen:
Engels, B. (2018): Ein unbekannter Schatz – Wie bestimmen Unternehmen in Deutschland den Wert ihrer Daten? Von: Institut der deutschen Wirtschaft, IW-Trends.
Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik ISST (2022): Datenbewertung. Status quo und Anreize der Datenbewertung, online: https://www.isst.fraunhofer.de/de/news/publikationen.html (zuletzt geprüft am 08.04.2022).
Institut für Innovation und Technik (2021): How To Share Data? Data-Sharing-Plattformen für Unternehmen. Aus: Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie im Rahmen der Begleitforschung zum Technologieprogramm „Smarte Datenwirtschaft“.
Knörrer, D., Knörrer L. (2021): Mehr als Digitalisierung – Wie digitale Ökosysteme Wert für Firmen generieren. In: D. Knörrer, M. W. Mosen, J. Moormann, D. Schmidt (Hrsg.): Digitale Ökosysteme – Strategien, KI, Plattformen, S. 5-23.
Ocean Tomo (2020): Intangible Asset Market Value Study, online: Intangible Asset Market Value Study – Ocean Tomo (zuletzt geprüft am 08.04.2022).